Seit wenigen Wochen ist FIFA 20 von EA Sports auf den Markt und sorgt für gemischte Gefühle. Mit FIFA 20 möchten die Entwickler von EA Canada mit Gameplay-Verbesserungen einen deutlichen Schritt nach vorne machen. Bereits vor Release haben diverse Pressemitteilungen für große Aufmerksamkeit gesorgt. Vor allen Dingen sorgte die Ankündigung des VOLTA-Modus für großes Aufsehen und FIFA-Fans konnten den Release von FIFA 20 kaum erwarten. In den nachfolgenden Zeilen möchte ich euch meine Eindrücke nach zwei Wochen Testzeit teilen.
FIFA 20 spielt sich definitiv anders als sein Vorgänger. Im Vergleich zum Vorjahr erwartet euch eine sehr deutliche langsame Spielgeschwindigkeit, wodurch die Bewegungen der Spieler träger ist. Weiterhin haben die Entwickler von EA Canada die Abwehr-KI abgeschwächt. In diesem Jahr reicht es nicht aus dem größten Teil der Abwehrarbeit der KI zu überlassen. Diese läuft Passwege nicht automatisch zu und ist ebenso nicht in der Lage gegnerische Spieler anzulaufen.
Weiterhin spielt der Pace-Wert eines Spielers eine größere Rolle als im Vorjahr, wodurch in einigen Situationen ein Alleingang möglich ist.
Dagegen haben die Entwickler das Dribbling, welches in FIFA 19 noch sehr effizient war deutlich ausgebremst. Ein fortlaufendes Dribbling ist nicht möglich, da die Ausführung deutlich langsamer vonstattengeht. Im Großen und Ganzen stehen in FIFA 20 die Zweikämpfe im Vordergrund. Die Physis-Werte der einzelnen Spieler haben einen großen Einfluss auf den Gewinn eines Zweikampfs. Ebenso sind jene Spieler in der Lage, den Ball vom Gegner abzuschirmen und sich durch ihre körperliche Überlegenheit durchzusetzen.
FIFA 20 – Neue Spielmechanik bei Standards
FIFA 20 besitzt eine große Schwäche: Fehlende Balance zwischen Abwehr und Offensive. Grundsätzlich war ich mir zu jeder Zeit im Test in meiner Meinung bestätigt: Jedes Tor beziehungsweise Gegentor läuft nach dem gleichen Schema ab. Vor den zwei Updates 1.03 und 1.04
Mit FIFA 20 haben die Entwickler einen großen Schritt nach vorne gemacht. Im Vergleich zu FIFA 19 sind Volleys, direkte Pässe, Doppelpässe in einem flüssigen und reaktionsschnellen Ablauf möglich. Sehr deutlich ist, dass die Effektivität des Konterspiels eine neue Dimension erreicht hat. In nahezu allen Online-Matches fielen meine Tore und Gegentore fast ausschließlich über Konter und durch verschuldete Ballverluste im Mittelfeld. In FIFA 20 wird fast jeder Konzentrationsfehler mit einem Gegentor bestraft und ohne Konzentration braucht man ein Online-Match gar nicht erst antreten.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Häufigkeit von Toren aus der Distanz völlig abgenommen hat. Die Entwickler haben die Schussausführung beziehungsweise Schusssteuerung deutlich anspruchsvoller gestaltet, wodurch nicht jeder Schuss direkt zum Erfolg führt. Schüsse außerhalb des Strafraums oder aber auch die in der Vergangenheit beliebten Finesse-Schüsse führen nicht immer zum Tor. Eine Neuerung in FIFA 19 waren die Timed-Shots, die jedoch zu Beginn des Spiels zu stark ausgeprägt waren. Selbst Spieler mit niedrigen Schusswerten waren in der Lage Schüsse a la Roberto Carlos auszuführen. Glücklicherweise müssen Spieler dies nicht mehr in FIFA 20 erleben, dafür gibt es jedoch Baustellen in anderen Bereichen des Gameplays.
FIFA 20 – Bug im Karrieremodus
Weiterhin können sich Spieler auf ein dynamisches Spielerpotenzial freuen, wodurch vor allem talentierte Spieler deutlich höhere Attribute erhalten können. Selbst ältere Spieler könnt ihr im Karrieremodus von FIFA 20 verbessert. Hierzu müsst ihr gute Spiele mit ihnen absolvieren.
Im letzten Jahr habe ich mir Elemente aus der früheren Fußball Manager-Reihe gewünscht, einige davon haben die Entwickler von EA Canada nun in FIFA 20 integriert. So müsst ihr als Trainer eines Vereins bei Pressekonferenzen Rede und Antwort stehen. Eure Antworten haben einen Einfluss auf die Teammoral und auf einzelne Spieler. Zudem könnt ihr sogar einzelne Spielergespräche führen. All diese Elemente sorgen für ein authentischeres und realistischeres Erlebnis als Trainer eines Fußballvereins. Außerdem könnt ihr in FIFA 20 euren Trainer visuell individuell gestalten, da euch eine Menge Einstellungsmöglichkekiten zur Verfügung stehen.
Leider müsst ihr in diesem Jahr auch auf einen WM-Modus verzichten. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, bemerke ich, dass in dieser Hinsicht die FIFA-Reihe massiv abgenommen hat. Wie ihr wisst, gab es durchaus bei früheren Teilen, wie zum Beispiel FIFA 2002 die Möglichkeit mit einem asiatischen, europäischen, südamerikanischen und weiteren Team sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Auch kontinentale Wettbewerbe wie zum Beispiel der Asian Cup oder die Copa America waren spielbar. Jene Wettwerbe sind bei der Konkurrenz, der Pro Evolution Soccer-Reihe seit Jahren (wenn auch nur generiert) spielbar. Zudem konnte sich Konami mit eFootball PES 2020 auf eine Partnerschaft mit der UEFA einigen und wird die Möglichkeit bieten die Europameisterschaft 2020 ab März/April vorzuspielen.
Aktuell müsst ihr euch jedoch mit diversen Bugs im Karrieremodus von FIFA 20 auseinandersetzen. So spielen Topteams wie Manchester City, Real Madrid oder der FC Barcelona nicht mit ihren bestmöglichen Spielern, sondern setzen Jugendspieler oder Reservisten ein. Dementsprechend entstehen kuriose Tabellenplatzierungen, wodurch diese Topteams urplötzlich gegen den Abstieg spielen. Dieser Bug vermindert in meinen Augen den Spielspaß massiv und hätte eigentlich schon zu Release behoben sein müssen. Die Entwickler haben bereits das vierte Update für FIFA 20 veröffentlicht, der jedoch auch nicht eine Lösung für dieses Problem bereitstellt. EA Sports hat sich über den Bug geäußert und verspricht mit dem nächsten Update den Karrieremodus-Bug zu beheben.
FIFA 20 – Anstoßmodus mit vielen Auswahlmöglichkeiten
Zu den überraschendsten Veränderungen bei FIFA 19 gehörte der Anstoßmodus, den man nahezu komplett überarbeitet hat. Hier könnt ihr wieder eure Partien nach eurem Belieben spielen. Beispielsweise könnt ihr eine UEFA Champions League-Partie als Gruppenspiel, Halbfinale oder als Finale austragen. Selbstverständlich könnt ihr die UEFA Champions League in einem separaten Modus austragen. Eine Randnotiz: Die Gruppen sind nahezu identisch mit den tatsächlichen Gruppierungen der aktuellen UEFA Champions League Saison.
Weiterhin gibt euch FIFA 20 wieder die Möglichkeit Partien in unterschiedlichen Spielvarianten auszutragen.
Die Spielvariante „No Rules“ macht es möglich ein Fußballmatch ohne Fouls, Abseits oder sonstigen Regeln auszutragen. Ihr könnte euch auch für eine Spielvariante entscheiden, in denen nur bestimmte Regeln gelten. So kommt es vor, dass erzielte Tore im Strafraum nur als ein Tor zählen. Dagegen erzielt ihr quasi „zwei“ Tore, wenn ihr Tore außerhalb des Strafraums erzielt. FIFA 20 bietet auch wieder einen Überlebensmodus mit dem Namen „Survival House Rule“. Erzielt ihr ein Tor wird ein zufälliger Spieler eures Gegners vom Platz gestellt, einzige Ausnahme hier ist die Torwartposition. Erstmals ist der „Überlebensmodus“ in FIFA 20 online spielbar (über den Ultimate Team-Modus). Ein nettes Feature sind die Statistiken, die unter einem selbst erstellten Namen im Anstoßmodus gespeichert werden.
FIFA 20 – Ultimate Team steht wieder im Fokus
Wie im Vorjahr stehen euch die Squad Battles zur Verfügung, in dem ihr eine Woche lang durch absolvierte Matches Boni verdienen könnt. Die Belohnungen ergeben sich abhängig von eurem erreichten Rang. Auf diese Weise könnt ihr an neue Packs und Münzen gelangen. Auch die Squad Building Challenges und FUT Draft sind wieder mit von der Partie.
Der Ultimate Team-Modus erhält in FIFA 20 folgende neue Spielmodi. Im sogenannten Tausch-Modus werden die eigenen Spieler mit denen des Gegners gewechselt. Der Überraschungsball-Modus erinnert teilweise an Arcade-Spiele, da man Items einsammeln und dadurch übermäßige Stärken für die Spieler erlangen kann. Hierbei kann es beispielsweise um die Schussstärke oder Geschwindigkeit gehen. Im Platzhirsch-modus müsst ihr bestimmte Zonen, die während des Spiels für einige Sekunden mit eurem aktiven Spieler einnehmen. Dadurch steigert sich der Multiplikator, der die Anzahl der geschossenen Tore bestimmt. Im Max Chemie-Modus erhält euer Team und das gegnerische Team die maximale Chemie. Dabei spielt die tatsächliche Teamchemie keine Rolle.
Hinsichtlich der visuellen Möglichkeiten haben die Entwickler einige Veränderungen vorgenommen. In FIFA 20 könnt ihr nämlich nicht nur euer Trikot, Stadion, Spielball oder euer Vereinswappen festlegen. Erstmals stehen euch nämlich Fanchoreos, freischaltbare Jubel und Stadiondesigns zur Verfügung. Diese könnt ihr euch entweder über den Transfermarkt kaufen oder ersteigern. Weiterhin könnt ihr euch auf das neue Punktesystem „XP-System“ freuen. Auf diese Weise möchten die Entwickler auch Casual Gamern die Möglichkeit einräumen ohne Investition in FIFA-Points an Leihspieler, Packs und Münzen zu gelangen. Dabei lassen sich die XP durch Aufgaben sammeln, die ihr wöchentlich, täglich oder über eine gesamte Saison durchführen könnt. Eine Saison geht über einen bestimmten Zeitraum, wodurch bestimmte Aufgaben beziehungsweise Belohnungen verfügbar sind. Im Gegensatz dazu könnt ihr Meilenstein-Aufgaben unabhängig davon erfüllen und besonders wertvolle Packs, wie zum Beispiel das „Ultimative Pack“ erhalten. Hierfür müsst ihr beispielsweise 200 Siege im FUT Champions, Division Rivals oder Squad Battles-Modus erreichen.
FIFA 20 – Pay2Win contra Casual Gamer
Der unter FIFA-Fans beliebte Ultimate Team-Modus bietet in diesem Jahr wieder die sogenannten „Division Rivals“. Zu Beginn wird anhand eurer Fähigkeiten eine Division für euch ausgewählt. Hierzu spielt ihr fünf Partien und abhängig von euren Ergebnissen werdet ihr einer Division zugordnet. Auf diese Weise solltet ihr online auf ähnliche starke Spieler treffen. In der Praxis stellt sich dies jedoch anders dar, was mich schon seit einigen Jahren ärgert. FIFA-Spieler, die viel Geld in den Aufbau ihres Ultimate-Teams stecken treffen im Matchmaking auf Spieler mit einem deutlich schwächeren Verein, was aus meiner Sicht ziemlich unfair ist. In dieser Hinsicht könnten die Entwickler darüber nachdenken, eine eigene Division für eSportler oder YouTuber zu erstellen, da hier Pay2Win einen erheblichen Einfluss auf den Spielspaß hat. Bereits wenige Tage vor offiziellen Release besitzen einige FIFA-Spieler einen Cristiano Ronaldo und diverse Legenden-Spieler.
Wenn ich schon dabei bin diesbezüglich das Wort „Pay2Win“ zu erwähnen, sehe ich mich gezwungen meine Meinung mit euch zu teilen. Aus meiner Sicht ist es zum einen nicht in Ordnung, dass Minderjährige die Möglichkeit haben FIFA-Points zu kaufen. Zum anderen bin ich generell kein Freund von Mikrotransaktionen, weil diese den Wettbewerb „FUT Champions“ oder „Division Rivals“ für Casual Gamer sinnlos und sogar überflüssig machen.
Vielleicht ergreift auch die deutsche Justiz (wie die belgische und niederländische) die Initiative und lässt den Verkauf von FIFA-Points verbieten. Hier könnte natürlich das Argument kommen, dass eSportler kein starkes Team aufbauen können. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass für die Gruppe von eSportlern eine eigene Lösung gefunden werden könnte, während Casual Gamer ohne FIFA-Points sich in den Ultimate Team-Modus zurechtfinden müssen. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass Spieler auch ohne Echtgeld-Investitionen Spaß an dem Ultimate Team-Modus haben. Andernfalls sollte man über einen Namenswechsel für die Spielmodi nachdenken und diesen nur für professionelle FIFA-Spieler zugänglich machen.