Mit Gears Tactics, wagen sich die namensgebenden Gears, die vor allem aus den brachialen Deckungsshootern der Gears of War-Reihe bekannt sind in neues Terrain. Denn, wie der Titel bereits erahnen lässt, bekommen wir mit Gears Tactics einen Taktiktitel der Marke XCOM ins Haus. Ob Gears Tactics in derselben Liga spielen kann wie Platzhirsch XCOM, erfahrt ihr in unserem Test.
Gears Tactics – von Deckung zu Deckung
Eine Sache direkt vorweg: entgegen etwaiger Befürchtungen passen rundenbasierte Taktik und Gears sehr gut zusammen. Das gemeinsame Element stellt dabei die absolut zentrale Deckungsmechanik dar. Im Falle von Gears Tactics nur eben aus einer taktischen Draufsicht. Daher fühlen sich Kenner des Genres auch direkt an XCOM und Konsorten erinnert. Und zunächst scheint sich Gears Tactics auch einfach wie ein XCOM im Gears-Outfit zu spielen. Bald treten aber deutliche Unterschiede zu XCOM zutage.
Zunächst verzichtet Gears Tactics komplett auf Raster. Stattdessen bieten uns die zahlreichen Deckungspunkte auf den Maps eine Orientierung auf dem Schlachtfeld. Durch diesen kleinen Kniff wirkt das Spielgeschehen schon mal viel freier als in XCOM. Es kommt die Illusion auf, wir würden uns annähernd frei durch die Level bewegen, obwohl wir uns letztlich natürlich auf einem unsichtbaren Raster bewegen.
Einen viel größeren Anteil an den, im Vergleich zu XCOM aber auch Titeln wie Mutant Year Zero: Road to Eden, viel dynamischeren und explosiven Gefechten hat aber der Umstand, dass der Einsatz unserer Aktionspunkte in den rundenbasierten Gefechten nicht auf verschiedene Aktionen beschränkt ist. Wir können also in einer Runde beispielsweise einen Feind beschießen, die Deckung wechseln und anschließend noch einen Feind aufs Korn nehmen. Oder wir können in einer Runde mal eben eine große Distanz zurücklegen, um uns einen taktischen Vorteil zu verschaffen.
Die fehlende Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten unserer Aktionspunkte erlaubt uns ein taktisch flexibles Vorgehen, das auch bitter nötig ist. Denn die meisten Gegner warten nicht darauf, dass wir uns in Position bringen, sondern rücken uns Runde für Runde aktiv auf die Pelle. Daher sind ständige Deckungswechsel in Gears Tactics absolute Pflicht, wenn wir die Missionen lebend überstehen wollen. Insgesamt entsteht somit ein sehr dynamisches und durch die bombastische Inszenierung explosives Spielgefühl. Diese Dynamik lässt auf geschickte Art und Weise ein Knapp-am-Limit-Feeling entstehen, das uns durch die Kampagne begleitet.
Gears Tactics – imposante Bosskämpfe
Daneben setzt Gears Tactics aber noch weitere Akzente, die es angenehm von der Konkurrenz abheben. In den brachialen Gefechten ist stets die Gears-DNA spürbar. Die Entwickler sorgen auch dafür, dass aggressives Vorgehen belohnt wird. So können wir beispielsweise durch Nahkampfexekutionen angeschlagener Gegner jedem Truppmitglied einen extra Aktionspunkt spendieren. Darüber hinaus gibt es aber auch viele weitere Skills, die offensive Vorstöße belohnen.
Insgesamt spielen sich die Kämpfe also sehr dynamisch und explosiv. Sie täuschen dadurch aber auch etwas darüber hinweg, dass sie, zumindest auf dem normalen von 4 Schwierigkeitsgraden inklusive zuschaltbarem Ironman-Modus, schnell mit Routine bewältigt werden. Unser Fortschritt lässt sich übrigens nur automatisch an Checkpointen speichern, so dass wir in Gears Tactics viel öfter als in vergleichbaren Titeln mit den Konsequenzen einer unglücklichen Entscheidung leben müssen. Andererseits kann sich jeder Soldat einmal pro Mission einfach selbst wiederbeleben, wenn er kampfunfähig gemacht wurde.
Wirklich happig werden die Kämpfe aber zumeist erst in den Bosskämpfen. Gleich im ersten Bosskampf treten wir etwa gegen einen gewaltigen mit Kanonen bestückten Koloss an. Abgesehen von der bombastischen Präsentation und der Leichtigkeit, mit der diese teils bildschirmfüllenden Gegner das Schlachtfeld in ein Feuerwerk verwandeln, bekommen wir diese Gegner nur durch taktisches Vorgehen klein, indem wir einen gewaltigen Boss beispielweise konsequent von hinten angreifen, während wir gleichzeitig jede Runde inflationärem Raketenfeuer ausweichen müssen.
Country Roads…
Die Zeit zwischen den Missionen verbringen wir damit, unsere Soldaten auszurüsten bzw. zu individualisieren. Dabei unterteilen sich unsere Soldaten in Helden und gewöhnliches Fußvolk. Während wir bei ersteren nur leichte kosmetische und Ausrüstungsänderungen vornehmen dürfen, können wir gewöhnliche Gears sehr individuell gestalten. Allerdings lässt die Ausrüstung bald etwas zu wünschen übrig, was Vielfalt und Abwechslung betrifft.
Daneben steigen unsere Soldaten aber durch erfolgreiche Einsätze auch im Level auf. Dann erhalten wir Fähigkeitspunkte, die wir in neue Fähigkeiten investieren dürfen. In Gears Tactics gibt es vier Soldatenklassen, die wir alle nochmals in vier Unterkategorien spezialisieren dürfen. Was die Entwicklung unseres Trupps betrifft, sind wir also bestens bedient und können uns nach Lust ausprobieren.
Gear Tactics – nur Taktik, keine Strategie
Das war es aber auch schon wieder mit den strategischen Möglichkeiten in Gears Tactics. Da wir abseits unseres mobilen Konvois keine feste Basis haben, können wir auch keinen Basisbau betreiben. Hierdurch entgeht Gears Tactics ein Großteil der Spieltiefe, die Titel wie XCOM oder auch Phantom Doctrine mit ihrem umfangreichen Basisbau auszeichnet.
Auch hinsichtlich des Missionsdesigns bietet Gears Tactics zwar durchweg gute, aber auch routinierte Unterhaltung an. Das liegt daran, dass wir in der Kampagne einer relativ strikten Abfolge von Missionen folgen müssen. Zwischen den Hauptmissionen bekommen wir stets eine Auswahl von Nebenmissionen, von denen wir eine oder maximal zwei erfüllen müssen, bevor wir mit der Story weitermachen dürfen. Angesichts dessen, dass sich die Missionsvielfalt der Nebenmissionen relativ schnell erschöpft, kommen wir hier schnell in einen routinierten Trott, der durchaus an der Motivation nagt, wollen wir doch nur so schnell wie möglich die nächste Hauptmission spielen.
Story als Beiwerk
Gears Tactics spielt 10 Jahre vor dem ersten Gears of War und erzählt damit die Vorgeschichte zu den späteren Ereignissen. In der Rolle von Gears-Soldat Gabe Diaz bekommen wir die Mission den Locust-Wissenschaftler Ukkon von der Erschaffung weiterer Monster abzuhalten, vorzugsweise durch seine Eliminierung. Die Geschichte ist dabei abgesehen von den durchaus interessanten Helden nicht besonders innovativ und eher zweckmäßig, da wir das alles in der einen oder anderen Form schon irgendwo gehört haben.
Dafür punktet die Inszenierung der Geschichte allerdings massiv. So wird die Geschichte der in etwa 20 Stunden in Anspruch nehmenden Kampagne durchgängig in klasse inszenierten Zwischensequenzen erzählt, die genauso gut aus einem Actionfilm der Marke Starship Troopers stammen könnten. Leider reizen die Entwickler das Szenario in narrativer Hinsicht nicht aus, zumal die Kommentare unserer Truppmitglieder schon mal die ein oder andere Situation ins Lächerliche ziehen. Es ist aber löblich, dass Gears Tactics komplett auf Deutsch vertont wurde.