Im Test zeigt Judgment für PlayStation 4, dass es auch jenseits der Yakuza-Reihe mehr als genug spannende Geschichten in Kamurocho zu erzählen gibt. In der Rolle des Privatdetektivs Takayuki Yagami gilt es einen mysteriösen und zugleich brutalen Mordfall aufzudecken. Inwiefern sich die Spielmechaniken von bisherigen Spielen der Entwickler unterscheiden und ob auch Yakuza-ferne Fans damit Spaß haben können, erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen.
Die Handlung von Judgment spielt nach den Ereignissen von Yakuza 6. Der Tojo Clan hält Kamurocho weiterhin fest im Griff, agiert im Spiel jedoch eher aus dem Hintergrund heraus. Viele kleine Untergruppen haben sich gebildet und wollen irgendwie an die Macht. Yagami war einst ein hoch angesehener Anwalt, der zuvor einen eigentlich schuldigen Mörder freigesprochen bekam, nur damit jener sofort nach Freilassung seine Freundin brutal ermordet. Yagami fühlte sich schuldig und trat zurück. Seither lebt er als privater Detektiv und will am besten nichts mehr mit seiner Vergangenheit zu tun haben – leichter als gesagt in der Stadt, die nie vergisst.
Judgment – Kamurocho: Die Stadt der Sünde
In Kamurocho, eine Stadt angelehnt an das reale Kabukicho (Tokyos Rotlichtviertel), geht ein Serienmörder um. Dieser krallt sich insbesondere Yakuza-Mitglieder und sticht denen die Augen aus. Im Rahmen der Storyline gilt es herauszufinden, wer der Mörder ist, was seine Motive sind und warum die halbe Unterwelt ihn schützen will. Inmitten der Verhandlungen gilt es noch viele weitere Mysterien zu enthüllen, die Kamurocho sichtlich in einem pechschwarzen Licht erscheinen lassen. Und so sind wir alle einmal mehr gefangen in einem grellen Neonlicht, dessen Fassade glitzert, das Innere aber unheilbar verdorben ist.
Darüber hinaus könnt ihr euch im Rahmen der 13 Kapitel natürlich allerhand Nebenmissionen gönnen. Wenn allerdings nur die Hauptstory relevant sein soll, beläuft sich die Spielzeit auf etwa 20 Stunden. Mein erster Durchlauf betrug 102 Spielstunden (Hard-Mode), weil ich alle 50 Nebenmissionen absolviert, alle Freundinnen für mich gewonnen und Freunde gefunden sowie Minispiele perfektioniert habe. Wie ihr seht: Es gibt eine Menge zu tun – ganz typisch für die Yakuza-Reihe.
Judgment – Yakuza meets L.A. Noire
Während der 13 Kapitel gilt es allerhand Aufgaben zu lösen. Dabei orientiert sich das Spiel grundsätzlich an den Spielmechaniken der Yakuza-Reihe, insbesondere den etwas neueren Ablegern Kiwami 2 und Yakuza 6. Um das Ganze noch zu verfeinern, gibt es allerhand eigene Ideen für das Detektiv-Epos. So manche Mechaniken erinnern hierbei an Spiele wie L.A. Noire oder die Layton-Reihe von Nintendo. Hin und wieder müsst ihr nämlich verdächtige Personen beschatten, nehmt Inkognito Bilder auf oder sucht mittels Fotokamera nach wichtigen Hinweisen auf den Tathergang. Und wenn es mal drunter und drüber geht, dann gilt es eine Verfolgungsjagd durchzuführen, bei der ihr selbst allerdings nur Abfolgen von Buttondrücken durchführt – der Rest läuft auf Schienen. Weiterhin gilt es an manchen Stellen auch verdächtige Personen zu interviewen, wobei euch verschiedene Fragen zur Verfügung stehen.
Die Detektivspielchen sind gut gemischt, wenngleich das Beweisfoto-Spiel für meinen Geschmack zu selten vorkommt, wodurch sich eine Art Wiederholungseffekt einschleicht, der so nicht nötig wäre. Während der Hauptmissionen steht ohnehin der Dialog im Vordergrund, die Action dient eher als nette Beilage. Das Verhältnis dreht sich in den Nebenmissionen hingegen um. Wer also mehr die Fäuste fliegen lassen will, hat hier die Gelegenheit dazu. Insgesamt aber wirkt das Gameplay im Bereich der Hauptmissionen sehr rund und macht nichtsdestoweniger viel Spaß.
Judgment – Wer suchet, der findet
Und damit will ich auch gar nicht länger fackeln und über die zahllosen Nebenaktivitäten in Judgment sprechen. Wie auch schon bei den Yakuza-Spielen gibt es eine ganze Menge davon. Doch ich will mit einer traurigen Nachricht beginnen: Es gibt keine Karaoke Bar und das Cabaret-Feature ist auch nicht dabei. Gut, letzteres wäre etwas seltsam für einen Detektiv. Aber der Verzicht auf Karaoke ist bedauerlich, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Yagami von Takuya Kimura gespielt wird. Und eben jener ist ein beliebtes Mitglied der japanischen Musikgruppe SMAP nebst seiner Tätigkeit als Radiomoderator und Darsteller.
Die Drohnen-Rennen ersetzen die früheren Poket-Racer, das VR-Spielchen ist eine coole Neuheit und passt ganz ins Zeitalter der Reihe, die nunmehr in 2018 stattfindet. Zudem ist das VR-Minispiel mein absolutes Highlight, weil es die verrückte Machart der Ryu Ga Gotoku-Entwickler exzellent zur Schau stellt. Kamuro of the Dead macht Bock, wenngleich eine Lightgun-Unterstützung hierfür hilfreich wäre und alles andere dürftet ihr bereits kennen. UFO-Catcher sowie diverse SEGA-Spiele wie beispielsweise Fighting Vipers und Motor Raid.
Daneben gibt es in Yagamis Büro/Wohnung eine Pinball-Maschine oder abseits dessen auch verschiedene Majong-Varianten. Ein Casino mit Blackjack und Poker darf selbstverständlich nicht fehlen. Damit ist es aber noch längst nicht getan! Insgesamt könnt ihr nämlich bis zu 50 Freunde im Spiel gewinnen, wobei mir das Feature zu oberflächlich ist. Ihr kauft z.B. bei Poppo einfach Gegenstände im Wert von 70.000 Yen und habt einen „besten Freund“ oder ordert in einem Restaurant simpel das ganze Menü. Gelegentlich sind sie dann nützlich, wenn sie euch in EX-Manövern aushelfen oder Gegenstände schenken. Freundinnen, wovon ihr bis zu vier haben könnt, sind dagegen schon besser integriert.
Judgment – Wohin die Liebe fällt
Das Freundinnen-Feature ist vergleichbar leicht zu übersehen, weil es rein optional ist. Ihr lernt sie alle nämlich in einer Reihe von Nebenaufträgen an. Ein Nebenauftrag davon aus BAR Tender (die anderen Nebenaufträge gibt es in Yagamis Büro oder seinem ehemaligen Arbeitgeber). Ich will euch hierbei gar nicht so viel spoilern, denn die Geschichten der vier Mädels sind allesamt rührend und lustig zugleich. Die Abläufe ähneln sich aber. Nach einer kurzen Kennenlernphase geht ihr auf Dates, dürft dann ein paar private Gespräche führen und Selfies aufnehmen. Die Handykamera erlaubt verschiedene Filter und Gesichtsausdrücke von Yagami – Spaß macht es allemal! Und wenn ihr ganz monogam seid und keinen Mist baut, dürft ihr euch am Ende vielleicht auf ein „I Love You“ freuen!
Wie auch schon bei Yakuza schaffen es die Entwickler bei Judgment, das eigentlich extrem ernste Motiv des Spiels humorvoll mit allerhand absurden Missionen aufzulockern. Kenner lieben es und Neulinge erfreuen sich hier der Eigenheiten Japans. Man muss es einfach lieben.
Judgment – Kranich und Tiger vereint
Das Kampfsystem von Judgment basiert auf den Grundzügen von Yakuza. Yagami besitzt zwei Stile – den Kranich- und Tiger-Stil. Mit ersterem könnt ihr vor allem eine Gruppe von Gegnern im wahrsten Sinne des Wortes vom Platz fegen. Der Tiger-Stil eignet sich für mächtige Solo-Angriffe, die ihr mit SP-Punkten maßgeblich erweitern könnt. Sehr schön ist auch, dass euch im späteren Verlauf des Spiels ein Animation-Cancel zur Verfügung steht. Das ist insbesondere bei Bosskämpfen hilfreich, wenn diese ihre EX-Leiste verwenden und mächtige Attacken ausführen, die ihr nicht unterbrechen könnt.
An dieser Stelle ein Hinweis: Wenn ihr euch zu lange in einem Kampf aufhaltet, kommt die Polizei und kann euch ins Gefängnis stecken. Was dann passiert? Nun, das verrate ich nicht. Das müsst ihr selbst herausfinden – es ist aber durchaus lustig! Und nicht sonderlich empfehlenswert.
Vielen Dank für den tollen Test, werde mir auch die neuste Version zu legen.